- Saanenland ausgeschnitten
Bauernhaus oder Luxus-Chalet - in der schweizer Region Gstaad gibt es in fast jedem Haus feinste Scherenschnitte, und die Zahl der Künstler steigt. Eine Meisterin mit der Schere ist Beatrice Straubhaar aus Lauenen.
"Oft werden die Scherenschnitte als Dokumente einer heilen Welt belächelt", sagt die 51-jährige. Für sie sind diese feinen Arbeiten jedoch Ausdruck einer erhaltenswerten Volkskunst. Seit 1988 übt sie ihr Hobby als Beruf aus. Ihre bevorzugten Motive: traditionelle Alpaufzüge, das Alpleben, Sport-, Alltags- und Festtagsszenen, Kinder, Jagdmotive und die Jahreszeiten.
Das Saanenland und das angrenzende Pays-d’Enhaut gelten als Hochburg der Schweizer Scherenschnitt-Kunst. Der Brauch, Papier zu dekorativ zu schneiden, stammt aus dem Orient und wurde in Mitteleuropa nach 1600 bekannt. Gerade die wohlhabenden Menschen in den Städten begeisterten sich damals für Schattenspieltheater aus Persien und der Türkei und begannen, Figuren und Szenen aus Papier herauszuarbeiten. Falt- und Dekorschnitte standen für Zuneigung und Freundschaft und wurden im 18. Jahrhundert vor allem als Schattenrisse aus schwarzem Papier hergestellt.
Hochburg des Scherenschnitts
Bis Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich in der Schweiz ein eigener Scherenschnittstil mit regionalen Dialekten. Besonders prägend war Johann Jakob Hauswirth, der 1809 in Saanen geboren wurde und 1871 in der Nähe von L’Etivaz starb. Das Museum der Landschaft Saanen zeigt einige seiner Werke. Viele heutige Scherenschnitt-Künstler entfernen sich mit eigenen Vorstellungen vom traditionellen Bauernscherenschnitt und wenden sich modernen Themen und Märchen zu.
Die meisten Scherenschnitte der Beatrice Straubhaar werden von Kunden beauftragt, zu denen sie nahezu freundschaftliche Beziehungen pflegt. Ihr sei wichtig, wer einen Scherenschnitt kauft und wo er einmal einen Platz finden wird.
Die Motive zeichnet sie auf der Rückseite des Bogens auf – teils spiegelverkehrt, was schon sehr anspruchsvoll ist. Dann geht es mit spitz zugeschliffenen Scheren oder einem Skalpell ans Werk. Wenn Beatrice Straubhaar mit dem Schneiden beginnt, vergisst sie die Welt um sich herum. Und hat sie keine Lust mehr auf Kühe, dann entsteht unter ihren geschickten Händen aus dem schwarzen Papier schon mal eine Kamelkarawane. Sie ist richtig gut darin.
2005 eröffnete Beatrice Straubhaar im Untergeschoss des Heimatwerks gegenüber dem Gourmet-Restaurant „Chesery“ in Gstaad gemeinsam mit drei befreundeten Scherenschnitt-Künstlern die Chäller-Galerie. Ihre Arbeiten schmücken zahlreiche Plakate, Buchbeiträge und Kataloge und waren auch schon in Austin und Texas, USA, zu sehen. Beatrice Straubhaar trat mit ihrer Kunst im Fernsehen auf, gestaltetete 2008 die Verpackung des Migros-Osterkuchens und das Bühnenbild für das Berner Theater „Geierwally“.
(Text: Gstaad Saanenland Tourismus; Redaktion: Peter Kensok)