- Klassenfahrt im Alten Kaiserreich China
Wie erleben Jugendliche aus Deutschland China? Maria Hublitz und Rainer Lipczinsky, Lehrer an der Staatlichen Fachoberschule Friedberg, reisten vom 8. bis 22. September zu einem Schüleraustausch mit der Jinhua No 8 High School in der Nähe von Shanghai. Die anschließende Rundreise führte sie unter anderem nach Peking, in die Verbotene Stadt, aber auch auf die EXPO 2010 und an die Große Mauer. Ihre Eindrücke fassen die Schülerinnen und Schüler in ihren Tagesprotokollen zusammen. - Begegnungen mit einem ganz anderen Land.
Freitag, 9.9.2010 – Friedberg – München - Jinhua
Wir verabschieden uns tränenreich von unseren Liebsten, denn soweit wie nach China sind bisher die wenigsten der Klasse gereist. Ein Shuttle-Bus bringt uns zum Münchner Flughafen. Etwa zwei Stunden später betreten wir mit gemischten Gefühlen das Flugzeug der „Air China“. Vorfreude ist darunter, Neugier, Spannung - und manchmal auch Flugangst. Die zehn Stunden bis nach Beijing überbrücken wir mit Filmen aus dem Bordprogramm, Spielen und unserer ersten Mahlzeit aus der chinesischen Küche.
Der Aufenthalt am Beijinger Flughafen dauert eine Stunde. Nach weiteren zwei Stunden Flug erreichen wir Shanghai, verschwitzt, erschöpft und vor allem gespannt, was uns dort erwarten würde. Oder wer.
Die Vertreter der Jinhua High-School No. 8 begrüßen uns so herzlich wie die überaus warme Brise nach der Landung. Die Jinhua High liegt nicht gerade „um die Ecke“: Vier Stunden wird der Bus bis dorthin brauchen. Unsere Gastgeber versorgen uns mit Wasser, Broten und einer Frucht, deren Name sich niemand von uns merken kann. Andere Länder, anderes Obst. Und auch andere Toiletten. Die Pinkelpause an einer Raststätte ist wohl der erste Kulturschock für die 21 deutschen Schülerinnen und Schüler. Mal abgesehen von dem Gestank - statt Kloschüsseln gibt es nur ein Loch im Boden. Auch das Klopapier fehlt.
Unsere Gasteltern und chinesischen Mitschüler warten bereits an der Schule. Sie freuen sich auf uns, die wir ihnen vermutlich genau so exotisch vorkommen wie umgekehrt. Doch nach der langen Reise ist uns erst einmal egal. Wir fallen todmüde in unser hartes Bambus-Bett. Ja, tatsächlich: Bambus!
Johanna Schmid, Viktoria Stachel
Samstag, 11.9.2010 - Jinhua
Am dritten Tag in den Gastfamilien treffen wir uns 8.30 Uhr am Eingangstor der High School Nr. 8 in Jinhua. Für manche der einheimischen Schüler stehen heute Englischprüfungen an; deshalb müssen wir auf die Lehrer warten, die uns begleiteten sollen. Wer von den Chinesen kein Prüfling ist, darf heute zu Hause bleiben. Etwa um 9 Uhr starten wir nach Yiwu. Nach zwei Stunden hält der Bus direkt vor einem riesigen Schmuckladen. Shopping! Die Mädchen sind begeistert; die Jungs wohl eher nicht.
Mit Regenschirmen ausgestattet steuern wir allesamt sofort auf den Accessoires-Laden zu und tüfteln bereits auf dem Weg dorthin aus, wie wir bei dem Ansturm Staus vermeiden können: Zuerst in den dritten Stock oder doch unten bleiben? Da der Laden drei Stockwerke hat, verteilen wir uns jedoch recht ordentlich, und die befürchteten Drängeleien blieben aus.
Spontan finden wir vieles kitschig, doch schon bald schärft sich unser Blick für das Wesentliche. Wir kaufen Schals, Halstücher, Ohrringe, Ketten, Armreife, Schlüsselanhänger und alles, was das Herz junger Frauen begehrt.
Shoppen strengt an. Um Mittag tanken wir neue Energie in einem Restaurant mit leckerem Essen. Danach fahren wir in das riesige Kaufhaus von Yiwu. Dort findet gerade eine Art Messe statt, die keine Wünsche unbefriedigt lässt. Taschen, Schmuck, Kleidung, Elektrogeräte … Als wir auch hier um die Preise feilschen wollen, steigen diese allerdings auffällig an. Während unserer weiteren Reise ist uns das nicht wieder vorgekommen.
Um 17 Uhr sind wir zurück in der Jinhua High School Nr. 8 und werden wieder von unseren Gasteltern übernommen - mit Rikschas, Taxis und manchmal einem privaten Auto. Manche von uns setzen ihren Einkaufstag im „Wal-Market“ oder auf dem Nachtmarkt fort; andere gehen mit ihren Gastfamilien essen.
Regina Brambach, Christina Scheel, Annina Grinzinger
Montag, 13.9.2010 - Jinhua
Alle deutschen Schüler versammeln sich um halb acht Uhr am Haupteingang der Jinhua High. Pünktlichkeit, so hatte man uns bei der Vorbereitung der Reise deutlich gemacht, sei auf der Chinareise das A und O. Damit hatten unsere Lehrer auch für sich selbst die Latte ziemlich hoch gehängt. Und das lassen wir sie auch wissen, als wir erst mit Verspätung vollständig im Bus waren. Unser Ziel: der „Ong Tai Sin Tempel".
Der Altar ist reich geschmückt – ganz wie wir uns einen chinesischen Tempel vorgestellt hatten. Es wird getanzt, getrommelt und gesungen. Der Raum füllt sich schnell mit dem Geruch von Unmengen Räucherstäbchen. Schon gegen 10 Uhr ist es zudem so heiß, dass wir froh sind, uns mit den Fächern vom Tag zuvor ein bisschen Kühle zuwedeln zu können. Nach der Zeremonie zündeten wir dann selbst Räucherstäbchen an und lassen uns von Wahrsagerinnen und Wahrsagern die Zukunft deuten.
Nach einer kurzen Fahrt hoffen wir, bereits am versprochenen Restaurant angelangt zu sein! Doch bis zum Grillplatz steht uns ein – gefühlt – einstündiger Weg durch eine dschungelartige Wildnis bevor. Mittendrin stehen vereinzelt Häuser in einer nahezu unerträglichen Hitze. Unser Restaurant steht unterhalb eines Hangs mitten auf dem Wasser eines Sees. Hinüberschwimmen wäre wegen der Abkühlung eigentlich ganz nett. Doch wir entscheiden uns für den Zugang über einen Matschpfad und mitten durch eine riesige Baustelle. Unsere Lehrer hatten uns vorausschauend anderes Schuhwerk empfohlen. Nach diesem abenteuerlichen Spaziergang wissen wir auch warum.
In dem Restaurant hat jeder Tisch seinen eigenen Grill, auf dem wir unser Fleisch und Gemüse selbst zubereiten. Mancher Grill fing dabei sogar Feuer …
Am Nachmittag besichtigen wir die „Jinhua Double Dragon Cave“, die Zwillings-Drachenhöhle von Jinhua. Für die Fahrt in die Tropfsteinhöhle stehen lediglich zwei Boote zur Verfügung. Zwischen Boot und Decke des Eingangs sind gerade mal 40 Zentimeter Platz. Wir liegen zu Viert in je einem Boot und müssen die Arme anlegen, um durch den kleinen Spalt in die Höhle hineinzukommen. Dahinter erwartet uns uns eine ganz andere Welt: Die Tropfsteinhöhle ist riesengroß und voller bunt schimmernder Farben. Wunderschön ist auch der der etwa zehn Meter hohe Wasserfall.
Lisa Altenburger, Katharina Schmitt
Dienstag, 14.9.2010 - Jinhua
Unsere Lehrerin für Musik in der Jinhua No.8 High-School versucht, uns einen chinesischen Tanz beizubringen. Auch unsere Lehrer, Maria Hublitz und Rainer Lipczinsky müssen mit ran. Aber wir scheitern schon, als wir ausschließlich den Hals nach rechts und links bewegen sollen. Geduldig arbeitet sie weiter mit uns, lässt jeweils fünf Mädchen und Jungen chinesisch einkleiden und stattet die Jungs mit Instrumenten aus. Es wird laut und ziemlich chaotisch – wahrscheinlich anders als jeder sonstige Musikunterricht an der Jinhua High …
Anschließend haben wir Kunst. Für wie wichtig Kunst in China erachtet wird, bringt uns ein chinesischer Kurzfilm näher, der mit Tusche gemalt, mit Musik und anderen Geräuschen unterlegt ist und ohne gesprochenen Text auskommt. Ich bin beeindruckt, dass dieser Film uns das Thema ganz ohne Worte trotzdem nahe bringen kann.
Anschließend zeigen uns freiwillige Schüler, wie sie Tusche verwenden. Auch wir dürfen anschließend weiße Fächer bemalen – mit Blumen, beliebigen Mustern und Schriftzeichen für den eigenen Namen oder „Ich liebe dich“ auf Chinesisch.
Heute dürfen wir zum Essen in die Lehrermensa – auch nicht schlecht. Danach fahren wir mit mehreren Autos zur Felsenhöhle von Longyou. Von dem chinesischen Film über diese Höhlen verstehen wir nichts. Mit dem Englisch unserer chinesischen Führerin, die sich redlich bemüht und anscheinend allerhand zu erzählen weiß, geht es uns genauso. Dafür gefallen uns die Höhlen und die Landschaft drum herum umso besser. Das tatsächliche Geheimnis der Höhlen wurde wohl noch nie gelüftet. Anscheinend schufen Menschen die riesigen Hallen mit ihren mächtigen Säulen und sogar einem kleinem Relief.
Zurück in der Schule haben wir eine Stunde Zeit im Internet. Wir hatten erwartet, dass die chinesischen Schulen damit bestens ausgerüstet wären. Allerdings sind die meisten von uns daheim mit ihren Homecomputern besser dran. Auf dem Nachtmarkt, auf dem wir uns dann mit den Austauschschülern treffen, ist mehr „Traffic“.
Hier gibt es alles von Schmuck bis zu Medikamenten und Unterwäsche - und unzählige Gelegenheiten, die Preise zu verhandeln. Wir müssen aufpassen, nicht in einen Kaufrausch zu geraten …
Theresa Reuter
Mittwoch, 15.9.2010 - Jinhua
Wissen die deutschen Schüler mehr über das Land ihrer Gastgeber oder umgekehrt? Ein kleines Quiz über das jeweils andere Land, die Hauptstädte, Flaggen, Markennamen und berühmte Modells soll das im Unterricht klären. Das Ergebnis ist nicht wichtig, der Spaß ist vorrangig. Danach unterhalten wir uns über das Berliner Filmfestival und das legendäre Mid-Autumn-Festival, das chinesische Fest zur Mitte des Herbstes. Dazu führen die chinesischen Schüler ein Theaterstück vor.
Im Abschlussspiel danach wandert eine Blume durchs Klassenzimmer, wer sie beim Stopp der Trommel in den Händen hält, geht nach vorne und stelle pantomimisch nach, was er auf einem Bildschirm gezeigt bekommt – sozusagen Karaoke ohne Ton.
Auch ohne die Sprache des jeweils anderen zu kennen, ist es möglich sich auszutauschen und Freunde zu sein. Dafür steht dann auch ein gemeinsames Erinnerungsfoto vor dem „Freundschaftsbaum“ der Schule. Es wird ein Fest mit uns allen geben, für den wir Deutschen im Musikraum zwei Tänze und die bayerische Nationalhymne für den Abschlussabend einstudieren.
China ist ein Volleyball-Land. Doch auch die deutschen Schüler sind gut in dieser Sportart. Gegen die chinesischen Lehrkräfte verlieren sie zunächst 25:20, das Rückspiel endet 25:23 für die Deutschen.
Anschließend fahren wir nach Hause, wo wir uns für das Abendbankett umziehen. Chinesische Tänze, Musikinstrumente und Gesangeinlagen gehörten dazu – und unser Auftritt mit den einstudierten Tänzen und der Bayern-Hymne.
Katharina Sadzik
Donnerstag, 16.9.2010 – Jinhua - Hangzhou
Wir verabschieden uns an diesem Morgen von unseren Austauschpartnern in Jinhua, dankbar für die gemeinsame Erfahrung in einem für uns so fremden Land, das sie uns ein bisschen näher gebracht haben. Unsere Reise wird uns jetzt nach Hangzhou führen, das etwa drei Stunden mit dem Bus von Jinhua liegt.
Die traditionellen chinesischen Wohnhäuser entlang der Straße wirken auf uns auffällig gleich. Vielleicht kommt es dem einen oder anderen von uns auch nur so vor, weil wir noch keinen Blick für die Unterschiede haben oder die Fahrt für ein Nickerchen nutzen.
In Hangzhou werden unsere bisherigen Dolmetscher und Reiseleiter abgelöst. Die neuen begleiten uns vom Hotel in einem neuen Bus zum West Lake. Die Bootsfahrt über den See führt uns auch an beeindruckenden Inseln vorbei, die wieder Menschenhand in das Wasser gebaut worden waren.
Im Blumenhafen-Garten besuchen wir einen berühmten Teich, in dem es von Kois nur so wimmelt. Über den Teich führt eine Brücke mit zahlreichen Ecken und Kanten, die böse Geister abhalten sollen. Schließlich weiß ja jeder Chinese, dass böse Geister nur geradeaus laufen können …
Nach dem Mittagessen in einem Hotel geht es zur „Kulturstraße“, mehr oder weniger ein touristischer Markt plus Freilichtmuseum mit traditionell altchinesischen Häusern in einem. Hangzhou ist jedoch auch eine Shopping-Metropole mit Läden wie in Deutschland, nur eben viel teurer.
Inzwischen kennen wir uns fast schon ganz gut aus in China. Die Manieren sind noch immer ziemlich befremdlich, und unsere Vorstellungen von Toilettenkultur geht weit über das hinaus, was wir in China erleben. Die Mahlzeiten beginnen sich bereits mehr und mehr zu ähneln – auch wenn sie noch immer recht vielfältig sind. China ist eine Reise wert. Schon jetzt sagen manche, dass sie wiederkommen würden.
Marcus Bacher, Patrick Wendling, Philipp Marin
Freitag, 17.9.2010 – Hangzhou - Shanghai
Willkommen zurück in der Zivilisation! - Nach drei Stunden Busfahrt ab Hangzhou erreichten wir Shanghai. In der 20-Millionen-Einwohner-Stadt ist alles ein bisschen größer und extremer. Dreistufige Autobahnen und Hochhäuser so weit das Auge reicht. Kirchen gleich neben der Autobahn. Die hochmoderne Stadt fasziniert auf den ersten Blick und kontrastiert mit dem Rest von China.
Als erstes besuchen wir das Shanghaier Museum. Dort bekommen wir einen kleinen Einblick in die Geschichte der eindrucksvollen Kunst und Kultur Chinas. Auf dem Weg zum Mittagessen fällt uns wieder auf, dass Shanghai ein totaler Gegensatz zu dem China ist, das wir bisher kennengelernt haben. Es ist technisch sehr hochentwickelt, sehr sauber - und es gibt hier so etwas wie Verkehrsregeln!
Von der Aussichtsplattform auf dem Jinmao-Tower haben wir einen atemberaubenden Blick auf Shanghais Skyline. Das benachbarte Shanghai World Financial Center ist zum Greifen nahe und als höchstes Gebäude der Stadt ziemlich beeindruckend. Shanghai hat 2000 Hochhäuser mit über 200 Stockwerken, der Shanghaier Fernsehturm mit seinen Kugeln sticht besonders heraus.
Nachdem wir die Aussicht genossen und so viele Fotos geschossen haben, wie nur möglich, wollen wir auch ein paar Bilder zum Andenken in der Gruppe schießen. Doch daraus entwickelt sich eine Paparazzi-Show für die lieben Chinesen. Die deutsche Gruppe war für sie attraktiver als die Skyline Shanghais. Verrückt, oder?
Wir, die deutschen „Stars“ sichern uns mit dem Fahrstuhl nach unten wieder Boden unter den Füßen. Unser nächster Zwischenstopp ist die Uferpromenade Shanghaier Bund, die einen schönen Blick auf die Skyline beschert. Bei Nacht strahlt Shanghai in allen möglichen Farben von unendlich vielen Leuchtreklamen.
Zurück im Hotel vertrauen wir der Rezeption unseren Wunsch nach einem erlebnisvollen Abend an. Zu Fünft im Taxi fahren wir los. Unsere Endstation ist ein Bürgersteig, mit einer Bar auf der anderen Straßenseite, die nicht viel Abenteuer verspricht. Nach etlichen Versuchen, mit den Chinesen zu reden, machen wir uns auf den Weg zu einer anderen Bar, die nicht weit entfernt sein soll. Hier waren vor allem Amerikaner und junge Chinesinnen anzutreffen, und es wurde Country gespielt. Schnell kapieren wir, dass diese Bar chinesischen Frauen vor allem dazu dient, sich einen Mann aus dem Westen zu schnappen. - Gute Nacht Shanghai! Morgen ruft die Expo!
Carmen Gutmann, Simone Kinader
Samstag, 18.9.2010 - Shanghai
Der Hotelrundruf holt uns um 6:45 Uhr aus den Betten, um 8 Uhr geht es mit dem Bus zur EXPO. Die meisten sind noch ziemlich k.o. vom vorhergehenden Abend und verschlafen die Fahrt.
Ab 9:30 Uhr also EXPO - mit Tausenden Chinesen, die ebenfalls die Gunst der frühen Stunde nutzen. Maria Hublitz, unsere Lehrerin, teilt allen Eintrittskarten mit den Pässen aus. Nach 20 Minuten sind wir endlich auf dem EXPO-Gelände, eine riesengroße Messe, die jedem Land die Möglichkeit bietet, sich mit einem individuellen Pavillon möglicht vorteilhaft zu präsentieren.
Dank unserer Lehrerin und ihrer Kontakte zur Deutschen Botschaft in Shanghai betreten wir den Deutschen Pavillon durch den VIP-Eingang - ohne Wartezeiten. Immerhin ist der Deutsche Pavillon einer der gefragtesten auf der ganzen EXPO. Die „Normalos“ stehen dafür mindestens zwei Stunden an.
Die vier ineinander übergehenden, eckigen Ausstellungshallen mit ihrer silbernen Außenhülle – eine dreidimensionale Skulptur - steigert unsere Erwartung an die „balancity“, die die Vielfalt und das Gleichgewicht des Lebens in der Stadt und Landschaft in Deutschland widerspiegeln soll. Wir werden nicht enttäuscht, denn der Pavillon ist gigantisch. Auf Laufbändern fahren wir durch einen blauen Tunnel, anschließend über eine Rolltreppe in den ersten Stock. Dort besichtigen wir Baupläne deutscher Kleinstädte und erhalten einen guten Einblick über die Wohnmöglichkeiten in Deutschland.
In einem anderen Raum stellen sich die Besucher unter Zipfelmützen und fühlen sich als traditioneller, deutscher Gartenzwerg. Natürlich will jeder von uns diese Möglichkeit nutzen und entsprechend fotografiert werden. „Typisch Deutsch“ mitten in China. Alles ist mit viel Liebe zum Detail gestaltet und organisiert. Außerdem sind scheinbar alle chinesischen Besucher ganz versessen auf Fotos mit uns Schülern, und so kommt es, dass wir erst einmal eine ganze Fotoserie im Deutschen Pavillon durchstehen müssen.
Nach dieser ungeplanten Fotosession geht es in den nächsten Ausstellungsraum. Dort hängt in der Mitte eine riesige Leuchtkugel über drei Stockwerke. Eine Chinesin und ein Deutscher erklären den Besuchern, was man alles mit Hilfe von Energie bewirken kann. Auf der Leuchtkugel werden Bilder über das Leben in Deutschland gezeigt. Dabei schwingt die Kugel hin und her und dreht sich wie von Geisterhand.
Es ist einfach beeindruckend, wie so viele verschiedene Kulturen auf einer Messe wie der EXPO so Fantastisches aufbauen und leisten können. Hätten wir die Möglichkeit, erneut auf eine EXPO zu gehen, wären wir sofort wieder dabei.
Daniela Kiening, Oya Esmer
Sonntag, 19.9.2010 - Shanghai - Suzhou
Unser Sonntagsausflug führt uns in den Wangshi-Garten von Suzhou und von dort in die örtliche Seidenfabrik, wie wir lebendige Seidenraupen zu sehen und die Seidenproduktion vorgestellt bekommen. Jetzt können wir sogar echte von künstlicher Seide unterscheiden: Zündet man ein Stück des Testmaterials an, verbrennt echte Seide zu Asche, künstliche dagegen verschmilzt.
Zehn Tage China bedeutet bisher auch zehn Tage Chinesisch essen. Dass wir heute Mittag in ein amerikanisches Restaurant gehen, lässt unsere Schülerherzen jubeln. Die wunderschöne Bootsfahrt auf dem Kaiserkanal rundet die Mittagszeit wunderbar ab und führt uns auch auf die Shan Tong Street, eine Einkaufsmeile, auf der es nicht nur den inzwischen bekannten Nippes, sondern auch lebendige Krabben zu kaufen gibt.
Unser Weg führt uns anschließend in einen großen Park, an dessen Eingang wir kleine Autos entdecken, so etwas wie chinesische Go-Karts. Die nächsten 30 Minuten düsen wir mit den Miniflitzern über die Piste und liefern uns abenteuerliche Rennen mit riskanten Überholmanövern.
Nach dem Abendessen lassen sich manche von uns in einem Massagesalon verwöhnen. Andere gehen wieder shoppen, bis wir wieder in den Bus einsteigen und zum Bahnhof von Shanghai abfahren. Die Gepäck- und Taschenkontrolle gleicht der an einem Flughafen. Um 23.15 Uhr fährt der Nachtzug ein und wir können unsere Abteile einnehmen. Wir inspizierten die Betten und die Toiletten – das Klo ist wieder klar der Verlierer. Doch das ist uns heute fast egal; wir sind nach dem langen Tag schon bald tief und fest eingeschlafen.
Julia Lehmann, Stefanie Dutschke
Montag, 20.9.2010 - Beijing
Beijing kurz vor 12 Uhr. Der Nachtzug von Shanghai kommt mit 40 Minuten Verspätung im Hauptbahnhof Beijing an, eigentlich okay bei annähernd 1.200 Kilometern Entfernung. Von dem trockenen und heißen Wetter ist nicht einmal mehr der wolkenlose Himmel übrig. Über Beijing ist es grau. Der kühle Wind trifft uns in unseren sommerlich kurzen Hosen vollkommen unvorbereitet, als uns auf dem überlaufenen Vorplatz unsere Reiseführerin begrüßt.
Auf der Fahrt zum Mittagessen in einem Restaurant fällt uns vor allem auf, dass es in Beijing kaum Hochhäuser gibt, und selbst diese waren nur einen Bruchteil so hoch wie die Superlativen in Shanghai. Die ganze Stadt, immerhin die zweitgrößte in China, wirkt irgendwie kleiner.
Auf dem Weg zur Verbotenen Stadt drängt sich der Vergleich zwischen Beijing und Shanghai weiter auf: Die Hauptstadt Chinas hat sich ihr kaiserliches Flair erhalten, alles wirkt edler, vornehmer, erst recht im alten Kern der Stadt mit den historischen Bauten. Dass Beijing 2008 noch Olympiastadt war, merkt man der Stadt trotzdem noch an.
Während Shanghai sich westlich modern präsentiert, vermarktet Beijing vor allem seine Geschichte als Ort der Kaiser. Auch touristisch. Ständig sprechen einen Straßenverkäufer an. Die ebenso schlichte wie schöne Verbotene Stadt ist das Symbol einer unglaublichen Macht, an dem bis zum heutigen Tag, so sagt unsere Führerin, zehn Millionen Menschen gearbeitet haben. Doch das alte Herz Chinas war auch ein gläsernes Gefängnis für die Konkubinen des Kaisers. Wer einmal drinnen war, durfte die Verbotene Stadt nie wieder verlassen.
Viele Jahre später stehen wir auf dem Platz des Himmlischen Friedens mit Sicht auf das Mausoleum Mao Zedongs und der im Wind flatternden Staatsflagge. Selten habe ich so viele Polizisten und Kameras an einem öffentlichen Platz gesehen.
Unser Abendessen nehmen wir in einem Restaurant ein, in der wir die wohl bekannteste örtliche Spezialität essen: Beijing-Duck.Beijing-Ente im Teigmantel mit dunkler Soße und Zwiebeln sollte man wirklich einmal probiert haben.
China, so heißt es, hinke Europa in seiner Entwicklung 20 Jahre hinterher. Beim Anblick dieser Metropole mag man das nicht wirklich glauben. Schaut man sich dagegen die Fernsehprogramme der staatlichen Sender an, fühlt man sich sogar 80 Jahre in die Vergangenheit zurückversetzt. Jeder zweite Sender berichtet über Kriege zwischen China und Japan und verstärkt damit die noch immer vorherrschende Abneigung gegen Japaner.
Jannik Bemm
Dienstag, 21.9.2010 - Beijing
Nach einer langen Nacht und einem entsprechenden Kater fahren wir mit dem Bus zur Großen Mauer. Das dauert etwa zweieinhalb Stunden mit dem Bus. Das Wetter ist ziemlich schlecht, und die Schuhe der meisten sind weder besonders fest noch wasserdicht – und beides wäre heute gut gewesen.
Etwa tausend steinige, schiefe und unterschiedlich hohe Stufen müssen wir zunächst erklimmen, um auf der Chinesischen Mauer zu stehen. 45 Minuten dauert der Anstieg, bis wir den Blick über Beijings Berge genießen konnten. Die Lehrer und einige Schüler haben die Mauer sogar bis zum Fünften Turm erklommen. Wie steil der Weg tatsächlich ist, merken wir erst recht auf dem zurück zum Bus. Die Stufen gleichen manchmal einer Leiter.
Unser Ausflug führt uns dann zum „Vogelnest“. Das ist der Spitzname für das Olympiastadion, und wie ein überdimensionales Vogelnest sieht es auch aus. Endlich hört auch der Regen auf und die Sonne spitzelt durch die Wolken. Das ist nicht nur gut für die Fotos, sondern auch für unsere Laune. Wir sind bereit für den Tempel of Heaven.
Der Himmelstempel beginnt mit einem runden Bauwerk mit drei mal neun Stufen. Oben befindet sich eine weitere Erhöhung, auf der sich viele von uns fotografieren lassen. Unter uns Deutschen ist das ja gewollt, aber dass wir auch wieder von den chinesischen Besuchern fotografiert werden, nervt uns.
Von der Plattform führt ein kurzer Weg zum etwas kleineren Nebentempel. Der runde Bau ist wunderschön mit verschiedenfarbigen Steinen verziert. Zum Tempel of Heaven gehört eine runde Mauer mit einem besonderen akustischen Phänomen: Man braucht auf der einen Seite nur leise zu flüstern und wird durch die Schallführung gegenüber trotzdem noch gehört.
Zu Chinas Kultur zählen neben Andenken an die Kaiserzeit und Mao Zedong auch Kung-Fu. Wir sind beeindruckt von der großartigen Show an unserem letzten Abend in China, den wir gemütlich im Hotelzimmer ausklingen lassen.
Susanne Aumüller, Inga Heggelmann
Mittwoch, 22.9.2010 – Beijing – München – Friedberg
Wecken um 7 Uhr, Frühstücken, Packen und noch einmal zum Shoppen. Doch wir sind zu schnell gewesen: Das Einkaufscenter, das uns unser Lehrer Rainer Lipczinsky, empfohlen hatte, öffnet erst um halb zehn. Wir nutzen die Zeit für einen Kaffee in der Sonne, bevor wir unsere restlichen Yuan ausgeben. Auch hier ist es möglich, um die Preise zu feilschen, erst recht, wenn wir auf unsere letzten Yuan und unsere bevorstehende Abreise nach Deutschland verweisen. Um die Gewichtsbeschränkungen für das Gepäck einhalten zu können, müssen später die Inhalte mancher Koffer am Flughafen umverteilt werden. 30 Kilo sind das Limit.
Um 11 Uhr zum Mittagessen sind wir schon fast wieder in Europa. Nach zwei Wochen Chinesisch essen sind Cola, Pommes und Hamburger bei McDonalds eine großartige Abwechslung.
Im ziemlich ausgebuchten Flug zurück nach München lassen uns die Stewardessen mit einem „Mooncake“ in einem typisch chinesischen Beutelchen ein bisschen am chinesischen Mondfestival, dem Herbstfest teilnehmen. Von München geht es auf vertrautem deutschen Boden zurück nach Friedberg und zum Empfang durch unsere Freunde und Familien. Es ist schön wieder zuhause zu sein, nach einer wertvollen Erfahrung, die wir nun als gemeinsame Erinnerung an China teilen.
Hannah Ziegler
Texte und Bilder: Schülerinnen und Schüler der Staatlichen Fachoberschule Friedberg
Redaktion: Peter Kensok, Globalscout