SympathieMagazin
Hinduismus verstehen
»Wenn ich nervös bin oder mich nicht gut fühle, setze ich mich hin und meditiere ein paar Minuten«, gesteht die Collegestudentin Adit Patenkar aus Pune. Sie steht für die junge Generation von Hindus, die keinen Widerspruch darin sieht, Religion und Tradition in einem westlich geprägten Alltag zu praktizieren.
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Wer übrigens gerade keine Zeit hat in den Tempel zu gehen, verrichtet seine Opfergaben per Mausklick: Puja online. - Die Autoren und Autorinnen des SympathieMagazins »Hinduismus verstehen« präsentieren die drittgrößte Religion der Welt in all ihrer Vielfalt und Offenheit aber auch mit ihrer steten Fähigkeit, sich zu verändern und zu erneuen.
Zwischen Göttern und Gurus - vom lebendigen Alltag einer Weltreligion
In kurzen, lebendig und kenntnisreich geschriebenen Artikeln nehmen sie die Leser mit auf eine horizonterweiternde Reise. Etwa nach Orissa an der Ostküste Indiens: Nach dem Verbot von traditionellen Tieropfern für die Götter legte dort der Tempelvorstand aus Solidarität und Mitgefühl mit der nun »vegetarischen« Göttin das Gelübde ab, ebenfalls auf Fleisch zu verzichten. Oder nach Allahabad auf die diesjährige Kumbh Mela: Dort versammelten sich zum heiligsten Pilgerfest der Hindus 13 Millionen Gläubige am Zusammenfluss der Flüsse Ganges und Yamuna, um ein rituelles Bad zu nehmen. »Wer hier badet, kann sich von allen früheren Vergehen und bösen Gedanken reinwaschen«, schwärmt die Pilgerin Kiran Kumari. »Das Bad sorgt für ein besseres Karma, sodass wir es im nächsten Leben besser haben!«
Yoga, Guru, Nirwana - solche und andere Begriffe aus der hinduistischen Glaubenspraxis haben längst Eingang in unsere Alltagssprache gefunden. Dennoch tun sich westlich geprägte Menschen häufig schwer, das Wesen des Hinduismus zu verstehen - auch wenn sie als Urlauber oder Geschäftsreisende unterwegs sind. Zu facettenreich, widersprüchlich und undurchsichtig erscheint diese Religion - auf den ersten Blick. Sie lässt sich auch nicht so ohne Weiteres durch rationale Analysen begreifen. Für manche bleibt sie ein Buch mit sieben Siegeln.
Der Hinduismus gründet auf einem radikal anderen Weltbild, das durch assoziatives Denken und intuitive Weisheit entstand. Er kennt keinen Religionsstifter, keine Kirche, keine allgemeingültige Doktrin, kein geistliches Oberhaupt, keine Taufe, keine Missionierung des Einzelnen. Deshalb kann er bei Bedarf auch relativ unbefangen auf Veränderungen reagieren. Während seiner langen Geschichte kam es immer wieder zu Berührungen und Auseinandersetzungen mit anderen Glaubensrichtungen. Konflikte wurden dabei meist vermieden, indem man neue und fremde Glaubensinhalte in das weite, eigene Gedankengebäude integrierte.
Spätestens seit Ende der 1960er Jahre versuchen New Age-Gurus Antworten auf die Herausforderungen der modernen Zeit zu finden. Osho, Satya Sai Baba, Ravi Ravi Shankar und andere zeitgenössische Mystiker verbinden alte Glaubensgrundsätze mit modernem, aufgeschlossenem Denken. Und haben damit Erfolg - auch im Westen!
Hindu ist man von Geburt an, man kann nicht konvertieren. In der Philosophie der Hindus ist das Entscheidende, eine dynamische Balance zu finden zwischen Askese und Sinnlichkeit, zwischen Kontemplation und Handeln. Das führt am Ende zum eigentlichen Ziel: Durch gute Lebensführung dem ewigen Kreislauf von Sterben und Wiedergeborenwerden zu entrinnen.
Das neue SympathieMagazin beleuchtet Wurzeln und Hintergründe einer Weltreligion, skizziert ihre philosophischen Prinzipien, erschließt die verwirrend vielfältige und bunte Götterwelt und verortet den uralten Glauben im modernen Alltag.
Text: Andrea Rudolf